7. 2. 2023
Nach den Daten des slowenischen Krankenversicherungsinstituts („ZZZS“) hatten am 1. Juni 2022 in Slowenien nur 1.970.752 von der 2.111.604 Versicherten in Slowenien einen gewählten Hausarzt. Das bedeutet, dass nur 93,3 % der Personen einen geordneten Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem hatten. Der Hausarzt ist nämlich ein Pförtner, der den Zugang zu den Gesundheitsleistungen auf der sekundären und tertiären Ebenen der Gesundheitsaktivität und zum Krankengeld bei Abwesenheit von der Arbeit im Krankheitsfall ermöglicht. Die Tür zum öffentlichen Gesundheitssystem schließt sich aber immer mehr, denn die Zahl der versicherten Erwachsenen ohne Hausarzt in den letzten sechs Monaten um 10.765 und die Zahl der versicherten Minderjährigen ohne Kinderarzt um 4.082 stieg. Insgesamt wurde so am 1. Dezember 2022 144.496 Personen ohne gewählten Haus- oder Kinderarzt.
Hinsichtlich der beschriebenen Situation, was können Sie also als eine Einzelperson tun, wenn Sie ohne gewählten Hausarzt blieben? Unter Berücksichtigung der Zeit und der Energie, die Ihnen zur Verfügung stehen, haben Sie zurzeit vier Möglichkeiten:
1) Gehen Sie zur Notaufnahme
Wenn Sie mit der Auswahl des Arztes zu lang gewartet hatten und Sie bereits erkrankten und sofort eine Gesundheitsleistung benötigen, bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, eine allgemeine Notaufnahme aufzusuchen.
Der Versicherte ist nämlich zur Notfallbehandlung und medizinische Notfallhilfe ohne einen Überweisungsschein berechtigt. Und wenn die sprichwörtlich langen Warteschlangen in der Notaufnahme von Ljubljana Sie wahnsinnig machen, können Sie sich im öffentlichen Gesundheitssystem auch ohne Überweisungsschein von einem Facharzt für Psychiatrie untersuchen und behandeln lassen.
2) Suchen Sie sich einen Hausarzt, der noch neue Versicherte aufnimmt
Wenn Sie aber einen Hausarzt auswählen möchten, noch bevor Sie krank werden und Sie seine Gesundheitsleistungen benötigen, können Sie auf der Website des „ZZZS“-Krankenversicherungsinstituts* eine dreimal in Monat aktualisierte Liste aller Hausarztpraxen in den einzelnen regionalen Einheiten des „ZZZS“ ansehen, in der die Hausarztpraxen, die noch neue Patienten aufnehmen, markiert sind.
Die Daten zum 20. Dezember 2022 zeigen, dass es in Ljubljana nur ein am Universitätsklinikum und ein am Gesundheitszentrum Ljubljana („ZD Ljubljana“) beschäftigt Hausarzt gibt, sowie drei Hausärzte mit einer Konzession. Wenn das Ihnen aber nicht passt, gibt es im Umkreis von 30 Kilometern noch 24 Hausärzte, die neue Patienten aufnehmen.
Obwohl Sie also akzeptieren würden, dass sich die Praxis des von Ihnen gewählten Hausarztes nicht an Ihrem Wohnort befindet, ist aber der gewählte Hausarzt nicht verpflichtet, dies zu „akzeptieren“. Die Regeln der obligatorischen Krankenversicherung (slowenische Abkürzung: „POZZ“) erlauben ihm nämlich, den Versicherten abzulehnen, wenn er aufgrund der Entfernung nicht in der Lage ist, alle Leistungen, für die er zugelassen ist, anzubieten beziehungsweise zu gewährleisten.
3) Gehen Sie in einer hausärztliche Privatpraxis, in der Sie für die Gesundheitsleistung aus eigener Tasche bezahlen
Die letzte Möglichkeit, wenn Sie jung und gesund sind, ist denn, sich eine Hausarztpraxis außerhalb des öffentlichen Gesundheitsnetzes (sog. Privatpraxis) zu suchen und für die erste Untersuchung beim Facharzt für Familienmedizin ungefähr 50 Euro aus eigener Tasche zu bezahlen. Das „ZZZS“-Krankenversicherungsinstitut erstattet Ihnen diesen Betrag nicht. Die „POZZ“- Regeln bestimmen nämlich, dass „der Versicherte kein Recht auf Erstattung der Behandlungskosten, einschließlich Medikamente, medizinisch-technischer Geräte und Transporte hat, wenn die Gesundheitsleistungen in einer Privatpraxis erbracht wurden.“
Ein Hausarzt in einer Privatpraxis kann Ihnen (nach einer bezahlten Untersuchung) einen Überweisungsschein für eine Behandlung auf sekundärer oder tertiärer Ebene der Gesundheitsaktivität des öffentlichen Gesundheitsnetzes ausstellen. Er wird Ihnen aber keine Benachrichtigung des Arztes über die Abwesenheit von der Arbeit ausstellen können, die die Grundlage des „ZZZS“- Krankenversicherungsinstituts für die Auszahlung von Krankengeld ist.
Bei dieser reduzierten medizinischen Grundversorgung ist es völlig legitim zu denken, dass solche Bezahlungsregelung von Gesundheitsdiensten Ihres Recht auf freie Arztwahl zunichte machte. Die angeführte Bestimmung der „POZZ“-Regeln brachte Ihnen in eine absurde Lage, wo Sie, für die Leistungen des Arztes außerhalb des öffentlichen Gesundheitsnetzes den vollen Preis zahlen, trotz Ihrer Einzahlung der Pflichtversicherungsbeiträge.
Meiner Meinung nach ist die umstrittene Bestimmung der „POZZ“-Regeln im Gegensatz zum Gesetz über die Gesundheitsfürsorge und die Krankenversicherung (slowenische Abkürzung: „ZZVZZ“), da dieses zwischen den Praxen des öffentlichen Gesundheitsnetzes und denjenigen außerhalb des Netzes nicht unterscheidet. Im Gegensatz zu der „POZZ“-Regeln, gewährleistet das „ZZVZZ“-Gesetz das Recht auf Bezahlung für die Gesundheitsleistungen für alle gleichermaßen. Der Oberste Gerichtshof der Republik Slowenien ist aber anderer Meinung. In dem Urteil Nr. VIII Ips 273/2017 vom 15. Mai 2018 vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass „die slowenische Regelung auf der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen in Form von Sachleistungen beruht und kennt die primäre Kostenerstattung der durchgesetzte Gesundheitsdienstleistungen an den Versicherten nicht." Die Versicherten fochten dieses Urteil vor dem Verfassungsgericht an. Das Verfassungsgericht stellte aber fest, dass es sich bei dieser Frage weder um eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die schwerwiegenden Folgen für den Beschwerdeführers haben könnte, noch um eine verfassungsrechtliche Frage, die die Bedeutung des konkreten Falls überschreitet, nicht handelte. Das Verfassungsgericht nahm daher ihre Verfassungsbeschwerde zur Verhandlung nicht an (Up-1023/18 vom 29. Juni 2020).
Wenn es um Ihre Probleme, die mit dem Mangel an Hausärzten verbunden sind, geht, können Sie sich also seit dem Jahr 2020 auf die slowenische Justiz nicht mehr verlassen, da die Justiz damit/mit denen nicht mehr beschäftigt ist. Es bleibt nur noch der Gerichtshof der Europäischen Union, der zu beurteilen hat, ob das slowenische Gesundheitswesen uns das Recht auf medizinische Versorgung aus dem Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gemäß den Bedingungen der slowenischen Gesetzgebung in der Praxis noch gewährleistet.
Die Ansicht der slowenischen Gerichte, dass die obligatorische Krankenversicherung uns das Recht auf Gesundheitsleistungen nur als Sachleistungen von Anbietern des öffentlichen Gesundheitsnetzes garantiert, ist nämlich deutlich enger als der gültige Gesetzestext, der vom allgemeinen Recht auf Bezahlung von Gesundheitsleistungen spricht. Um es zu paraphrasieren, ist diese Unterscheidung ähnlich, als ob die slowenischen Gerichte bei den gültigen Arbeitsgesetzgebung das Recht auf Urlaubsgeld für den Jahresurlaub nur auf das Recht, den Jahresurlaub in der eventuellen Urlaubskapazität des Arbeitgebers zu verbringen, reduzieren würden.
4) Gehen Sie in Praxis für Undefinierte
Als eine allerneueste Möglichkeit, dem Mangel an Hausärzten zu beheben, ist die kürzlich erfolgte Eröffnung von so genannten „Praxis für Undefinierte“. Diese sind für Patienten vorgesehen, die keinen persönlichen Hausarzt haben und eine nicht dringende medizinische Versorgung benötigen.
Autorin: Katja Triller Vrtovec, Rechtsanwältin
*Anmerkung: Der Link ist auf Slowenisch verfügbar.